Neues vom Lande

Heute frühmorgens, so gegen 4:50 Uhr: Alles lag friedlich unter einer leichten Schneedecke und ich war allein zu Hause.
Unten vor dem Fenster ein Geräusch … und noch mal, so als würde jemand um das Haus schleichen. Hatte ich nur geträumt oder war da wirklich jemand? Der Hund war ruhig. Langsam und leise stand ich auf und traute mich auch nicht das Licht anzumachen. Zum Glück war der Rolladen an der Balkontür nicht zu, so konnte ich große schwarze Gestalten im Garten erkennen. Die Gestalten bewegten sich langsam vorwärts in Richtung Innenhof. Doch dann gingen sie weiter auseinander, so dass ich sie einzeln erkennen konnte. Jede von ihnen hatte vier Füße und eine sogar Hörner und es war auch ein leichtes Muhen zu hören.
Die Kühe und der Bulle hatten sich auf eine Nachtwanderung gemacht! Einmal hatten sie schon das Haus umkreist und wollten nun Richtung Straße.
Also sprang ich schnell in die Klamotten und bewaffnete mich mit einer Taschenlampe und machte mich auf zur Scheune. Überall im Hof waren Kühe in Aufbruchstimmung. Um sie nicht zu erschrecken oder zu blenden ging ich in die Scheune und machte das Licht an. Die Halterung an der Türe hatte sich gelöst und ein Spalt von ca. 80 cm hatte gereicht, um in die „ Freiheit“ zu laufen. Ehe sie zur Wanderung aufgebrochen waren, hatten sie erst mal ausgiebig gefrühstückt und sich gestärkt. Die Kleinen hatten sie einfach brutal zurückgelassen und sind alleine los.
Als das Licht anging, ging den Kühen auch ein Licht auf, weil: morgens Licht an heißt doch Futter – oder?
Wie wild rannten sie in die Scheune rein und ich hatte nicht mal mehr die Chance, die richtige Tür aufzumachen.
Es ist schon interessant zu sehen wie 850 Kilo Kuh sich durch einen 80 cm breiten Spalt quetschen können. Da kriegt die Geschichte vom Weihnachtsmann im Kamin eine ganz andere Bedeutung …
Erleichtert konnte ich dann durchatmen, alle waren wieder drin. Alle? Nein, einer fehlte noch: der Bulle! Wo konnte er sich denn noch alleine im Dunkeln rumtreiben? Wieder rannte ich mit der Taschenlampe um das Haus. Im Schnee konnte ich sehr gut die Spuren sehen, doch welche waren von Billy? So musste ich feststellen: in 18 Jahren als Pfadfinder lernt man nicht alles.
Jeder Spur ging ich nach, doch nirgendwo war eine einzelne erkennbar, die weiter ging. Meine letzte Idee war noch, dass er auf der Gänsewiese sein könnte oder Richtung Straße. Ich hatte das Gefühl, als ob die Taschenlampe so langsam in meiner Hand festfrieren würde, doch dann hörte ich im Gebüsch ein Rascheln und er trabte auf mich zu, an mir vorbei und weiter zum Stall.
Jetzt konnte ich die große Tür aufmachen, um ihn reinzutreiben – dachte ich …
Nein, erst einmal brauchte er noch ein zweites Frühstück und war nicht dazu zu bewegen, zu den Kühen reinzugehen.
Das war auch nicht nötig, weil die wieder durch die Scheune liefen, die Tür war ja auf …
Mit einem Besen und einem “dicken Hals” habe ich sie dann doch alle wieder in den Stall “gefegt”.
Da ich nun schon wach und fit war, hatte ich beschlossen die restliche Stallarbeit auch noch zu erledigen.
Morgens um 7 Uhr war meine Welt wieder in Ordnung.