Zu Hause ist es am schönsten

Es gibt Bauern die arbeiten zusammen und tauschen untereinander Maschinen und Werkzeuge aus.
In unserem Fall war das Erna. Erna war ein Kälbchen, das von einem Milchbauernhof mit 80 Kühen stammte. Als eine unter vielen anderen wurde gerade sie ausgewählt, um auf einem kleinen Bauernhof groß zu werden. Der Bauer hatte eine Kuh, die soviel Milch hatte, das 3 Kälber davon satt werden konnten. Also durfte Erna als drittes Kalb dazu. Dann aber wurde diese Kuh krank und hatte nicht mehr soviel Milch. Erna sollte mit der Flasche großgezogen werden. Zur selben Zeit hatte unsere Kuh Goldstück auch ein Kalb, den kleinen Boris. Er hatte viel zuviel Milch für sich alleine.
Die beiden Bauern trafen sich zufällig und sprachen darüber. So wurde beschlossen: Erna muss umziehen. Unsere Kuh Goldstück ist sehr friedlich und freundlich und so hat sie Erna sofort adoptiert. Die nächsten sechs bis sieben Monate sollte Erna nun bei uns bleiben, bis sie keine Milch mehr brauchte. Danach sollte sie wieder zu ihrem Besitzer zurück.
Den ganzen Sommer über war sie mit unseren anderen Kühen auf der Wiese und hat sich prima in die Herde eingefügt. Sie war ruhig und kam von selbst auf uns zu, um sich streicheln zu lassen. In der Herde war Erna durch ihre schwarz-weiße Fellzeichnung immer sofort auszumachen. Im Herbst kam dann der Abschied. An einem Samstagnachmittag kam der Landwirt Erna abholen. Sie kam auf eine Weide zu anderen Jungrindern, die knapp zwei Kilometer von unserem Hof weg lag. Goldstücks Kalb Boris kam mit den andern Jungbullen in den Stall.
Am Sonntagmorgen fuhr ein fremdes Auto in unseren Hof. Der Fahrer stieg aufgeregt aus und fragte, ob wir schwarz-weiße Kühe hätten. Eine schwarz-weiße Kuh sei vor seinem Auto auf die Straße gelaufen und lief nun über die Bundesstraße zwischen dem Verkehr. Da unser Hof der erste auf der Strecke war, dachte er, es sei unsere.
Wir wollten gerade die Polizei anrufen, da hörten wir ein Blöken und sahen Erna von der Straße abbiegen und über ein Feld auf uns zu kommen. Sie hatte einen weiten Weg hinter sich. Erna war über den Zaun an der Weide geklettert, am Wald vorbei, über ein Feld, hat sich durch eine Hecke gequetscht und lief ein Stück entlang der Bundesstraße in Richtung “Heimat”. Sie wollte zu ihrer Familie zurück.
Was sollten wir nun tun? Zielstrebig kam sie auf unseren Hof zu, hatte aber einen Abzweig verpasst und stand vor dem Zaun des Nachbarn. Nachdem wir Ernas Besitzer informiert hatten, kam dieser sofort. Damit sie nicht mehr zur Straße lief, wollte Ernas Besitzer sie vorübergehend in der Nachbarweide unterbringen, bis er seinen Anhänger geholt hatte.
Nur hatte er die Rechnung ohne Erna gemacht! Die sah sich mal kurz unter den Kühen des Nachbars um, stellte fest: “Hier kenne ich keinen, also bleib ich nicht!” und sprang über den Zaun. Sie lief in Richtung der Weide, wo sie mit ihrer “Mutter” gestanden hatte.
Goldstück hatte Erna auch schon vermisst und rief ihr laut entgegen. Wir öffneten die Tür zur Weide und die Welt war für Erna wieder in Ordnung. Bis zum Winter durfte Erna noch mal bei uns bleiben, dann musste sie zu ihrem Besitzer in den Stall.
Ab und zu haben wir Erna besucht. Bei einem dieser Besuche sagte uns der Bauer, dass er ein Rind verkaufen wollte. Nein, Erna nicht, ein anderes Tier. Nach mehreren langen Gesprächen, die sehr viel Taktik und Cappuccino brauchten, ließ er sich doch dazu überreden, uns Erna zu verkaufen. Seit ein paar Wochen ist Erna nun endgültig zu Hause und wieder bei “ihrer Herde” angekommen. Im Mai 2011 erwartet sie ihr erstes Kalb.